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Das Institut für Soziologie gratuliert Prof. Dr. Wolfgang Eßbach zum 70. Geburtstag

Am 15. Februar 2014 feiert Prof. Dr. Wolfgang Eßbach seinen 70. Geburtstag. Geboren im Vogtland verbrachte er seine Schulzeit in Schöningen bei Helmstedt. Von 1964 bis 1966 studierte er zunächst an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, dann an der Georg-August-Universität Göttingen Germanistik, Geschichte, Philosophie und Pädagogik. 1967/68 war er Vorsitzender des ASTA der Georg-August-Universität Göttingen, ein Jahr später gehörte er als studentisches Mitglied dem Gründungssenat für die Universität Bremen an. Nach dem Staatsexamen 1970 studierte er in Göttingen Soziologie, war Mitarbeiter am Soziologischen Seminar und wurde dort 1978 mit einer Arbeit zur Kontroverse zwischen Max Stirner und Karl Marx promoviert. 1985 folgte, ebenfalls in Göttingen, die Habilitation mit der Studie „Die Junghegelianer. Soziologie einer Intellektuellengruppe“. Nach einer anschließenden Lehrstuhlvertretung (Nachfolge Plessner/Bahrdt) in Göttingen übernahm er 1987 die neugeschaffene Professur für Kultursoziologie an der Albert-Ludwigs-Universität, die er bis zu seiner Emeritierung zum Ende des Wintersemesters 2010/11 innehatte.

Das Freiburger Institut für Soziologie hat Wolfgang Eßbach über ein Vierteljahrhundert hinweg maßgeblich geprägt. Er ist vor allem ein begeisternder akademischer Lehrer, der den Studierenden stets wertschätzendes Interesse entgegenbringt und sie ermutigt, riskant zu denken. Im Zentrum von Eßbachs Lehrtätigkeit standen seine Vorlesungen neben den „Grundzügen der Soziologie“ sind insbesondere die Zyklen „Religion und gesellschaftliche Erfahrung“, „Karl Marx und die Frage nach der Gesellschaft im 19. Jahrhundert“, „Ungeliebte Moderne. Theoretischer Radikalismus im 20. Jahrhundert“ sowie „Kulturtheorie in Deutschland und Frankreich seit 1968“ zu nennen. Sie zogen weit über die Studierenden der Soziologie hinaus Interessierte an und besaßen insbesondere in den letzten Jahren seiner Lehrtätigkeit geradezu Kultstatus. Als MP3-Podcasts finden sie bis heute zahlreiche Hörerinnen und Hörer. Sein außerordentliches Engagement bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dokumentieren 37 von ihm betreute Promotionen und drei Habilitationen.

Eßbachs Verständnis von Kultursoziologie zeichnet sich durch eine breite ideen- und intellektuellengeschichtliche Fundierung aus, die Sozial- und Gesellschaftstheorien auf die ihnen eingeschriebenen Erfahrungshorizonte befragt und sie als Antworten auf spezifische historische Problemkonstellationen interpretiert. Sein besonderes Augenmerk richtet sich auf die wechselseitigen Rezeptionslagen und -blockaden zwischen Deutschland und Frankreich. So gehörte er zu den ersten Soziologen, welche die Arbeiten Michel Foucaults in Deutschland bekannt machten, und setzte sich gegen massive Widerstände früh für eine Öffnung der Soziologie gegenüber poststrukturalistischen Positionen ein. Lange vor dem material turn in den Sozialwissenschaften plädierte er für und entwarf eine Soziologie der Artefakte. Mit seinen Arbeiten zur Philosophischen Anthropologie der Zwischenkriegszeit, insbesondere zum Werk Helmuth Plessners, trug er maßgeblich zur Wiederentdeckung dieser nach 1945 weithin verschütteten Denkrichtung bei. Sein Interesse an anthropologischen Fragen führte die von Heinrich Popitz und Günter Dux begründete Tradition der Freiburger Soziologie fort. Wolfgang Eßbach gehörte zu den Initiatoren des Magisterstudiengangs „Historische Anthropologie“, der im 2012 gestarteten Masterstudiengang „Interdisziplinäre Anthropologie“ seine Fortsetzung gefunden hat. Derzeit arbeitet er an einem zweibändigen Opus magnum zur Religionssoziologie, dessen erster Band 2014 erscheinen wird.

Wolfgang Eßbach gehörte 1989 zu den Gründungsmitgliedern des Frankreichzentrums und im Jahr 2000 zu den Initiatoren des Zentrums für Anthropologie und Gender Stu-dies. 1992/93 war er Dekan der Philosophischen Fakultät IV, von 1997 bis 2000 gewähltes Mitglied des Akademischen Senats. Von 2008 an gehörte er zum Wissenschaftlichen Beirat der FRIAS School of History, die er im letzten Jahr ihres Bestehens (2012/13) als einer von zwei Direktoren leitete. Während seiner Tätigkeit an der Freiburger Universität war Wolfgang Eßbach Mitglied des Graduiertenkollegs „Modernität und Tradition in Deutschland und Frankreich“ (1992-1997), des Sonderforschungsbereichs 541 „Identitäten und Alteritäten“ (1997-2003) sowie des Graduiertenkollegs „Freunde, Gönner, Getreue“ (seit 2006). Zwischen 1999 und 2004 war er Sprecher der Sektion Kultursoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, von 1999 bis 2005 Präsident der Helmuth Plessner Gesellschaft. Seit 2010 ist Wolfgang Eßbach Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Zeppelin University Friedrichshafen.

Die Entwicklung der Freiburger Universität und der bundesdeutschen Hochschulpolitik hat Wolfgang Eßbach immer wieder mit kritischen Interventionen begleitet. Seine Kritik der Bologna-Reformen fand weit über Freiburg hinaus Resonanz. Es gibt nur wenige Hochschullehrer, die wie er unbedingte Leidenschaft für die Universität mit streitbarem Widerspruch gegen ihre Fehlentwicklungen verbinden.

Die Mitglieder des Instituts für Soziologie gratulieren Wolfgang Eßbach in großer Dankbarkeit und wünschen für die Zukunft Gesundheit, Lebensfreude und Schaffenskraft.

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