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Laudatio

Laudatio für Professor Dr. Günter Dux zu seinem 65. Geburtstag am 23.06.1998

Günter Dux gehört zu jener Generation von Soziologen, die erst zur Soziologie stießen, nachdem sie ein anderes Fach studiert hatten. 1962 promovierte er mit einem staatsrechtlichen Thema an der Juristischen Fakultät der Universität Bonn und brachte auch noch die juristische Referendarsausbildung hinter sich. Der Soziologe Thomas Luckmann warb ihn für die Soziologie. 1971 habilitierte er sich in Soziologie und Sozialphilosophie an der Universität Konstanz und nahm kurz darauf einen Ruf auf den Soziologie-Lehrstuhl der Universität Linz in Österreich an. Seit 1974 ist Günter Dux Professor für Soziologie und neben Heinrich Popitz, und seit 1993 neben Hermann Schwengel Direktor des Instituts für Soziologie der Universität Freiburg. Im letzten Jahr hat er sich entpflichten lassen, um sich vorrangig der Forschung widmen zu können. Als Leiter der Forschungsgruppe „Theorie des sozialen Wandels“ am „Zentrum für interdisziplinäre Forschung“ der Universität Bielefeld hat er in den letzten Monaten ein hochkarätiges internationales Forscherteam zusammengeführt, in dem das fragmentarische Geschichtswissen zahlreicher Spezialisten mit Blick auf eine allgemeine Theorie der Entwicklung der sozio-kulturellen Lebensform des Menschen diskutiert und neu perspektiviert wird. Günter Dux verfolgt seit seinem programmatischen Hauptwerk „Die Logik der Weltbilder. Sinnstrukturen im Wandel der Geschichte“ (1982) mit langem Atem die Ausarbeitung der „historisch-genetischen Theorie“, die den Menschen so in die Natur stellt, daß die Kompetenz, seine Lebensformen als sozio-kulturelle Lebensformen selbst zu schaffen, aus ihr heraus verständlich wird. Dabei geht es Günter Dux nicht um beschauliche Universalgeschichte sondern darum, die radikalen Konsequenzen, die der Umbruch im Denken der Neuzeit erfordert, auf dem Niveau heute verfügbaren Wissens zu ziehen. Die neue Weise, unsere Gegenwart vom Anschluß an die Naturgeschichte, der sich mit jeder Geburt eines Kindes wiederholt, her zu rekonstruieren ist in viel diskutierten Werken wie „Die Zeit in der Geschichte. Ihre Entwicklungslogik vom Mythos zur Weltzeit“ (1989), „Die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter. Über den Ursprung der Ungleichheit zwischen Frau und Mann“ (1992), „Geschlecht und Gesellschaft. Warum wir lieben. Die romantische Liebe nach dem Verlust der Welt“ (1994) und „Der Prozeß der Geistesgeschichte“ (1994) expliziert. Sie beruhen nicht allein auf Buchgelehrsamkeit, vielmehr hat Günter Dux seine Hypothesen in kulturvergleichenden Feldstudien in Indien, Lateinamerika und Europa erprobt. Dux'ens „historisch-genetische Theorie“ gehört neben Jürgen Habermas' „Theorie kommunikativen Handelns“ und Niklas Luhmanns „Systemtheorie“ zu den anspruchsvollen und wegweisenden soziologischen Großtheorien, die gebraucht werden, um im undurchsichtiger werdenden Gestrüpp der Detailforschung eine seriöse Orientierung diskutierbar und entscheidbar zu machen.

Freiburg, den 31. Mai 1998

Professor Dr. Wolfgang Eßbach