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Promotionsprojekt Nils Haacke

Anomische Überkomplexität. Der Verlust der Wirkmacht demokratisch-liberaler Strukturen als Symptom dysfunktionaler Ausdifferenzierung.

 

Die gesellschaftliche Integration über die politischen, wissenschaftlichen, massenmedialen und normativen Institutionen der liberalen Demokratie funktioniert seit einigen Jahren nurmehr eingeschränkt. Sichtbare Symptome dieser andauernden Entwicklung lassen sich im Erfolg eines autoritären und illiberalen Rechtspopulismus, in zunehmender Wissenschafts- und Wahrheitsfeindlichkeit sowie in einer grassierenden Verschwörungsmentalität erkennen; Über diese Phänomene zeigen sich anhaltende und reichweitenstarke Desintegrationsprozesse in Form struktureller Abweichung von institutionellen Erwartungshaltungen. Die Dynamik gipfelt gegenwärtig in einer konfliktiven und polarisierten Konstellation des gegenseitigen Unverständnisses zwischen denjenigen, welche den demokratischen Institutionen insgesamt nach wie vor ihr Vertrauen aussprechen und denjenigen, die sich selbst und ihre Lebenswelt dort nicht länger repräsentiert sehen.

 

Dieses Promotionsprojekt stellt aus der funktional-strukturellen Perspektive der Systemtheorie Niklas Luhmanns die Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen der aktuellen, spannungsgeladenen Situation und strukturell auftretender Anomie innerhalb gesellschaftlicher Ausdifferenzierung. Anomie wird basierend auf dem Begriff in der Tradition Émile Durkheims als Zustand sinnhafter Unsicherheit interpretiert, welcher sich bedingt durch die Bildung dysfunktionaler Strukturzusammenhänge innerhalb gesellschaftlicher Komplexität einlagern kann. Derartige Konstellationen bedeuten sowohl für Bewusstseins- als auch für Kommunikationssysteme eine operative Überforderung, weshalb angenommen wird, dass Anomie Kompensationsprozesse in Form von erhöhter Emotionalität einerseits und abweichender Strukturbildung andererseits provoziert. Das Ziel dieses Promotionsprojekts ist die Entwicklung einer Theorie der anomischen Überkomplexität, welche als Analysewerkzeug dazu dienen soll, die konfliktive Dynamik innerhalb liberaler Demokratien auf den Begriff zu bringen, strukturelle Probleme aufzuzeigen und positive Auswege aus der Situation zu denken.

 

Kurzvita

 

Nils Haacke studierte von 10/2013 bis 09/2017 European Studies (B.A.) an der Universität Passau und von 10/2017 bis 05/2020 Soziologie (M.A.) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit 03/2021 ist er Doktorand am Institut für Soziologie in Freiburg, wobei er seit 08/2021 durch die Konrad-Adenauer-Stiftung gefördert wird.

 

Publikationen

 

Haacke, N. (2020): Problemlose Lösungen. „Kau Boy Gum“ - Die Inszenierung des Nutzens von Kaugummi durch Werbung. In: Szabo, S. (Hg.): Bubble Gum Studies – Der Kaugummi als Kulturträger.

Haacke, N. (2019): Kontingente Kopplung – Postfaktische Kommunikation im Spannungsfeld von Politik und Wissenschaft. In: Soziologiemagazin 12, S. 33-50.

Vorträge 

 

'Vom Klimawandel zur Klimakrise und die Zusammenhänge dieser veränderten Wahrnehmung mit gesellschaftspolitischen Krisensymptomen - eine systemtheoretische Perspektive'. Vortrag im Rahmen der Sommerakademie der Begabtenförderungswerke in Heidelberg im Seminar Klimakrise - 'Chance und Bedrohung für die Demokratie', ausgerichtet über die KAS, 01.09.2022.

'Politisches Spektakel/Spektakuläre Politik - Zur Frage eines möglichen Bedeutungsgewinns von Kunstkommunikation in der Politik'. Vortrag im Rahmen der Jahrestagung der DGS-Sektion Kunstsoziologie an der HU Berlin, 14.10.2022.
  

Lehre

 

WiSe 2022/23: Niklas Luhmanns Systemtheorie (Seminar, B.A.)


WiSe 2023/24: Das Konzept der Anomie - Unsicherheit, Desintegration und Konflikt (Seminar, B.A.)

 

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