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Matthias Leanza

Promotionsprojekt Matthias Leanza

 

 

Matthias Leanza

matthias.leanza@soziologie.uni-freiburg.de

 

 

Die Zeit der Prävention. Eine Genealogie des Abwesenden 1750-2010

 

Das Dissertations­vorhaben befasst sich mit der Geschichte der Krankheits­prävention. Ausgehend von der These, dass sich in Europa im 18. Jahrhundert ein ganzes Präventions­dispositiv zu formieren begann, das seitdem in unterschiedlichen Funktionssystemen – wie Recht, Politik, Erziehung, Medizin – präventiven Semantiken Vorschub leistet, soll für den medizinischen Strang des Dispositivs eine Genealogie erarbeitet werden. Mit einem Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Raum gilt es, die vielfältigen Rationalitätsmuster und geschichtlichen Herkunftslinien vorbeugenden Handelns zu entwirren: Von der neohippokratischen Diätetik und den zeitlich parallel einsetzenden Bemühungen um eine Medicinalpolicey im langen 18. Jahrhundert über die Bakteriologie zu Ende des 19. Jahrhunderts, welche die humoralpathologischen Körper- und Krankheitskonzeptionen nunmehr obsolet werden ließ, sowie die sich in Nähe aber auch Distanz zum Kontagionismus der Bakterienforscher bewegenden Ansätze einer Sozial- und ›Rassenhygiene‹ bis hin schließlich zu ›Old‹ und ›New Public Health‹ im 20. Jahrhundert sollen die unterschiedlichen Semantiken krankheitspräventiver – und später gesundheitsförderlicher – Interventionen rekonstruiert werden. In diachroner Perspektive interessiert die Frage, wie in den unterschiedlichen Kontexten spezifische Muster artikuliert und tradiert wurden, sich aber zugleich in der Wiederholung Verschiebungen und Diskontinuitäten ereignet haben.

Auf konzeptueller Ebene schließt mein Dissertationsprojekt an die soziologische Systemtheorie sowie an die Arbeiten Michel Foucaults an. Produktive Verbindungs­möglich­keiten beider Forschungstraditionen werden aufgesucht, wie sie etwa mit den Begriffen der Semantik und des Diskurses wie auch den bei Foucault und Luhmann zu findenden Überlegungen zu In- und Exklusions­prozessen gegeben sind. Entlang des historischen Materials soll eine soziologische Fremd­beschreibung präventiver Rationalitäten sowie den an diesen gebundenen Selbst- und Sozial­technologien entwickelt werden. Eine solche Fremd­beschreibung interessiert sich weniger für die Frage, wie sich präventive Maßnahmen weiter verbreiten oder effektiver gestalten lassen. Vielmehr ist es das Anliegen meiner Arbeit, die Kontingenz und Unwahrschein­lichkeit von Prävention wieder sichtbar zu machen, indem die historischen Wendepunkte der Genese und Stabilisierung einer präventiven Gesundheitssorge fokussiert werden.

 

 

Publikationen (Auswahl)

  • Semantik und Diskurs. Die Wissenskonzeptionen Niklas Luhmanns und Michel Foucaults im Vergleich, in: Feustel/Schochow (Hg.): Zwischen Sprachspiel und Methode. Perspektiven der Diskursanalyse, transcript, Bielefeld, 2010, S. 119–146.

  • Die Gegenwart zukünftiger Erkrankungen. Prävention und die Person, in: Paul/Schmidt-Semisch (Hg.): Risiko Gesundheit: Über Risiken und Nebenwirkungen der Gesundheitsgesellschaft, VS Verlag, Wiesbaden, 2010, S. 237–258.
  • Kritik als Latenzbeobachtung. Darstellung und Diskussion grundlegender Konzepte der Objektiven Hermeneutik und deren Anwendung am konkreten Fall. In: Freikamp/Leanza/Mende/Müller/Ullrich/Voß (Hg.): Kritik mit Methode? Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik, Dietz Verlag, Berlin, 2008, S. 73–104.
  • Kritik mit Methode? Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik, Dietz Verlag, Berlin (zus. mit Ulrike Freikamp, Janne Mende, Stefan Müller, Peter Ullrich, Heinz-Jürgen Voß)